Konzept

Grüne Nahwärme für Jahnareal

Energieversorgung Selb-Marktredwitz stellt Konzept für Wärmewende vor – mehr als 90 Hauseigentümer bei Infoveranstaltung – großes Interesse an Details zur Umsetzung

Das Interesse an künftigen zentralen Wärmelösungen für ganze Quartiere in Selb ist groß: Die ESM zählte mehr als 90 Gäste bei ihrer ersten Infoveranstaltung am 22. Mai im Vorium. Eingeladen waren Eigentümerinnen und Eigentümer von Anwesen im Wohnareal Jahnstraße mit den Straßenzügen: Förster-, Heide-, Max-Reger-, Sand- und Zeppelinstraße. Auch Vertreter der Verwaltungen der dortigen Schulen und Mehrfamilienhäuser waren unter den Interessenten. Für diese Wohngebiete und die dortigen sechs Bildungseinrichtungen gibt es bereits ein konkretes Konzept der ESM für eine Versorgung durch Nahwärme. Dieses hat Klaus Burkhardt, Geschäftsführer der ESM, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen vorgestellt, sie jedoch auch über den allgemeinen Stand der ESM-Wärmeplanung informiert. „Ausgangspunkt für unseren Planungsansatz hier war, dass die Heizungsanlagen im Schulzentrum bereits ein beträchtliches Alter erreicht haben und die Aufwandsträger, die Stadt Selb und der Landkreis Wunsiedel, eine Lösung zur CO2-freien Wärmeversorgung ihrer dortigen Liegenschaften gesucht haben“, erklärte Klaus Burkhardt. Von der Versorgung über eine Nahwärmezentrale, die mit Holzhackschnitzeln betrieben werden soll, könnten nicht nur die Schulen profitieren, sondern auch die Eigentümer im angrenzenden Areal, erläuterte der ESM-Geschäftsführer den Ansatz. „Damit würden die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden auch auf sehr einfache und komfortable Weise die Anforderungen des neuen Gebäudeenergiegesetzes erfüllen“, betonte er. Das Gesetz sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2024 neue Heizungsanlagen nur dann betrieben werden dürfen, wenn sie einen Anteil an regenerativer Energie von mehr als 65 Prozent aufweisen. Ziel der Informationsveranstaltung war es laut Klaus Burkhardt, in einer sehr frühen Planungsphase ein Stimmungsbild der Anwohner zu erhalten, um deren Bedürfnisse und Bedenken aufnehmen und ihre Anregungen bei der weiteren Konkretisierung des Konzepts für das Jahnareal berücksichtigen zu können. Die schriftlich eingesammelten Rückmeldungen am Ende der Veranstaltung waren durchweg positiv: Die meisten der anwesenden Hauseigentümerinnen und -eigentümer zeigten sich interessiert an einer Nahwärmelösung. Für die Selber Innenstadt, das Vorwerk und der Kappel hat die ESM bereits Lösungsansätze für eine netzgebundene Wärmeversorgung konzipiert. Auch dort werden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu gegebener Zeit in die Planungen eingebunden werden.

Standort Heizzentrale im Jahnareal

Zentrales Modul einer Wärmeversorgung ist die Heizzentrale. Klaus Burkhardt informierte über einen möglichen Standort für die Versorgung des Jahnareals, ebenso über das Genehmigungsverfahren. Voraussetzung für die Genehmigung zum Bau einer Heizzentrale ist, dass sie den strengen Anforderungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) genügt. Von solchen Anlagen dürfen keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, das gilt für Abgase und Geräusche ebenso wie für Tier- und Pflanzenarten. Von einigen Anliegern der Försterstraße wurden dennoch Bedenken geäußert; ihnen ging es beim Informationsaustausch auch um Fragen zur Optik und zum erwarteten Lieferverkehr. Dazu nahm Dominic Blechschmidt, Projektleiter in der Abteilung Wärme bei der ESM, Stellung: „Beim momentanen Ausbaustand gehen wir von rund 80 Belieferungen der Nahwärmezentrale mit Hackschnitzeln pro Jahr aus. In den Wintermonaten dürften das etwa drei bis vier Anlieferungen pro Woche sein.“ 

Für den Bau der Heizzentrale am derzeit angedachten Standort ist die Erstellung der „Westtangente“ vom Christian-Höfer-Ring bis zur Dürrloh nicht erforderlich. Um die Heizzentrale betreiben zu können, müsste lediglich eine rund 200 Meter lange Verlängerung der Jahnstraße verwirklicht werden. „Die ESM und das Bauamt arbeiten allerdings schon seit geraumer Zeit bei dieser Maßnahme sehr eng zusammen, um mögliche Synergieeffekte realisieren zu können, wenn das Projekt zur Umsetzung kommt“, betonte Klaus Burkhardt.

Hackschnitzel

Heimischer Rohstoff

Wichtig ist der ESM, dass der Rohstoff für die klimaneutrale Versorgung aus der Region stammt und langfristig in ausreichender Menge vorhanden ist. Klaus Burkhardt informierte darüber, dass diese Voraussetzungen gegeben seien. Das hätte sich die ESM von Waldexperten bestätigen lassen „Durch den anstehenden Waldumbau, der durch den Klimawandel erforderlich geworden ist, steht genügend Material für Holzhackschnitzel zur Verfügung“, führte er aus. Das CO2, das bei der Verbrennung frei wird, würde auch bei einer Verrottung des Materials im Wald in die Atmosphäre gelangen, sagte er und fügte an: „Hackschnitzelheizwerke gelten deshalb als klimaneutral, weil der Wald das bei der Verbrennung freigesetzte CO2 wieder bindet.“

Anschluss und Kosten

Fragen gab es von Seiten der Teilnehmenden auch zu den späteren Nutzungsbedingungen eines Nahwärmeanschlusses, zu den Kosten sowie zu einem eventuellen Anschluss- und Benutzungszwang. „Die ESM kann nicht über einen Anschlusszwang entscheiden“, betonte Klaus Burkhardt und ergänzte: „Als ESM favorisieren wir die Wahlfreiheit.“ Von Seiten des Gesetzgebers gebe es hierzu derzeit auch keine Vorgaben. Zu den Kosten meinte er, dass es in dieser sehr frühen Planungsphase nicht möglich wäre, schon konkrete Hausnummern zu nennen. „Es liegt jedoch im Interesse der ESM, Hauseigentümern ein attraktives Angebot zu unterbreiten“, betonte er und ergänzte: „Denn das Konzept kann nur realisiert werden, wenn sich genügend Hausbesitzer anschließen lassen wollen.“  

Sicherheit durch Planungsqualität

Aus Sicht der ESM ist eine gute Planungsqualität wichtig, um Fehlinvestitionen bei Hausbesitzern, Betrieben, Kommunen und bei der ESM zu vermeiden. Deshalb hat der Energieversorger bei seiner Wärmeplanung großen Wert darauf gelegt, alle öffentlich und frei verfügbaren Daten in die Methodik zu integrieren, sie zu nutzen, zu bewerten und zusammenzuführen. Hierzu gehören Daten des ESM-internen geografischen Informationssystems (GIS) ebenso wie Verbrauchsdaten, Potenzialanalysen für Verbräuche und Gebäudesanierungen sowie Technologieoptionen – und dies alles möglichst adressenscharf. Das Besondere bei der Wärmeplanung der ESM ist nicht nur das Tempo, sondern auch die Herangehensweise: Das Konzept zum Vorgehen hat die ESM gemeinsam mit Projektpartnern entwickelt, mit Fichtner Management Consult (FMC) sowie den Stadtwerken LKW Kitzingen und der Energieversorgung Lohr-Karlstadt. „Wir haben unser Know-how gebündelt und Synergien genutzt, um ein bestmögliches Prozedere für die Erarbeitung eines ebenso qualitativ hochwertigen wie zukunftsfähigen Wärmversorgungskonzepts zu entwickeln“, führte Klaus Burkhardt aus.

Individuelle Bewertung jedes einzelnen Areals

„Wir haben jeden einzelnen Standort genau untersucht und konkret bewertet. Dazu wurden Wärmebedarfe und -potenziale unter verschiedenen Szenarien berechnet, Technologieoptionen aufgezeigt und Geschäftsmodelle für unterschiedliche Kundentypen entwickelt“, informierte er und betonte: „Oberste Prämisse ist dabei für uns, ein zukunftsfähiges, klimaneutrales Energiesystem zu entwickeln, das technisch und finanziell machbar ist. Zwingend dazu gehört für uns auch der damit verbundene Transformationspfad.“ Untersucht wurden zum Beispiel Lösungsansätze für Nah- und Fernwärmenetze, die mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden. Dazu zählen unter anderem Biomasse, industrielle Abwärme, Flusswasserwärme, geothermische Anlagen mit Wärmepumpen, Biogas, aber auch der Einsatz von grünem Wasserstoff. In die Betrachtungen einbezogen wurden auch die vorhandene Infrastruktur, beispielsweise das Gas- und Stromnetz der ESM sowie bereits in Betrieb oder in Planung befindliche lokale Wärmenetze. Die ESM hat bereits viel Erfahrung mit Wärmenetzen, ob mit der Wärmeversorgung im Benker-Areal, im Quartier „Am Sterngrund“ oder in der Rosenstraße in Marktredwitz. In Selb sorgt die ESM in Hallenbad mit einer Hackschnitzelheizung nicht nur bei Warmbadetagen für angenehme Wassertemperaturen und auch die Heizung im Rosenthal-Theater ist eine Contractinganlage der ESM. „Bei unserem Projekt legen wir ein besonderes Augenmerk auf den Preis der grünen Wärme, denn schließlich muss diese für unsere Kunden auch in Zukunft bezahlbar bleiben“, resümierte der Geschäftsführer.

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